Sabrina Jung
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_Women_
2018

SABRINA JUNG, Women, , Jen, 2018

Jen, 2018
40 x 60 cm
12-Farb Pigmentdruck, handcoloriert

 

  SABRINA JUNG, Women, Mona, 2018

Mona, 2018
40 x 60 cm
12-Farb Pigmentdruck, handcoloriert

 

SABRINA JUNG, Women, Betti, 2017

Berti, 2017
40 x 60 cm
12-Farb Pigmentdruck, handcoloriert

 

 
SABRINA JUNG, Women, Franzi, 2017

Franzi, 2017

40 x 60 cm
12-Farb Pigmentdruck, handcoloriert

 

  SABRINA JUNG, Women, Karla, 2017

Karla, 2017
40 x 60 cm
12-Farb Pigmentdruck, handcoloriert

 

Sabrina Jung, Women, Irmgard, 2018

Irmgard, 2018
40 x 60 cm
12-Farb Pigmentdruck, handcoloriert

 

 
SABRINA JUNG, Women, Marta, 2018

Nora, 2018
40 x 60 cm
12-Farb Pigmentdruck, handcoloriert

 

 

Sabrina JUng, Women, Ella, 2018

Ella, 2018
40 x 60 cm
12-Farb Pigmentdruck, handcoloriert

 

 

 

 


Installation View, Gezielte Setzungen – Übermale Fotografie in der zeitgenössischen Kunst, Sprengel Museum Hannover

 

Übermalte Fotografien stecken in einem Wirbel aus Zeitlichkeiten.
Theresia Stipp, Sprengel Museum Hannover

Die Nachträglichkeit der malerischen Bearbeitung ist unumgehbar und erzeugt ein Spannungsverhältnis
zwischen der Zeitlichkeit des fotografischen Bildes und der der Übermalung. Von den hier versammelten
Positionen spielt der Faktor Zeit bei Sabrina Jung eine gesonderte Rolle. Seit etwa zehn Jahren verwendet
Jung gefundene Fotografien, die sie durch gezielte Eingriffe wie Collagierung oder Übermalung verändert.
Es sind ausschließlich schwarz-weiße Portraitfotografien von meist unbekannten Personen, in denen sich
das Vergangene deutlich eingeschrieben hat. Die zeitliche Distanz zwischen dem Moment der Aufnahme
und dem Zeitpunkt der Übermalung sind enorm.
Siegfried Kracauer hat 1927 als erster die Frage gestellt, was mit einer Fotografie passiert, wenn der Bezug
zum Abgebildeten (dem „Original“) vergessen wurde. Seine Beschreibungen der Betrachtung einer Fotografie
„der“ Großmutter von 1864 zu Beginn des bekannten Photographie-Aufsatzes spiegeln das Betrachten der
Fotografien von Sabrina Jung wieder. Das Bild zerfällt in einzelne Fragmente, in denen sich Kleidung und
Frisuren einer Mode und damit einer Zeit zuordnen lassen. Das Gesamtbild, die abgebildete Person und ihre
Geschichte, entzieht sich jedoch. Für Kracauer versammelt die Fotografie hier die „Summe dessen, was
[vom Menschen] abzuziehen ist“.
Allerdings entfaltet sie genau in dieser Unabhängigkeit vom Original ihr Potential. Die Fotografie erreicht dann
eine Art Nullpunkt, einen Moment der „Vorläufigkeit“, von dem aus sie neue Bedeutungen annehmen kann.
Wenn auch die Erreichbarkeit dieses bedeutungsfreien Nullpunktes zweifelbar ist, scheint der Moment der
Kontextbefreiung und Neudeutung auch für Sabrina Jungs Arbeit relevant. Für ihre Serie Women (2017/2018)
wählte sie Studioporträts von Frauen aus, die sich offensichtlich für das Foto zurechtgemacht haben. Diese
Frauen „schminkt“ Jung, indem sie mit Lasurfarben Wangen, Lippen, Augen oder Hautpartien einfärbt.
Vordergründig schließt Jung hierbei an eine Tradition der Übermalung an, die bis an die Anfänge der Fotografie
zurückreicht. Mit einer Selbstverständlichkeit hatten schon die ersten Fotografen zum Pinsel gegriffen, um
Portraits ‚lebendiger‘ erscheinen zu lassen oder Schönheits- sowie fotografische Fehler zu überdecken – nicht
zuletzt eine Verkaufsstrategie.
Bei Jung muss es um etwas anderes gehen. Ihre Fotografien sind Fundstücke, die keinen Bezug mehr zum
„Original“ haben. Die Leerstelle der bedeutungsfrei gewordenen Fotografien füllt sie mit ihrer Fragestellung
an die Bilder, die sich in der Übermalung materialisiert. Für Jung entsprechen die ausgewählten Portraits und
vor allem die Physiognomien der Frauen „nicht dem weiblichen Schönheitsideal.“ Sie sagt: „Mit der Kolorierung
möchte ich die Diskrepanz sichtbar machen, zwischen dem Versuch den Idealen zu entsprechen, diese aber
dennoch nicht zu erreichen z.B. durch Schminken, Kleidung, Frisur. Es geht mir um die Frage nach weiblicher
Identität jenseits der etablierten Geschlechterrollen. ‚Identität und Geschlecht‘ – und wie diese von der Gesellschaft
visuell formuliert werden.“ Es ist ein ahistorischer Blick, der historische Fotografien als Folie für die Überprüfung
und Hinterfragung heutiger weiblicher Schönheitsideale nutzbar macht. (...)

 

SchÖne Frauen & WoMen
Ludwig Seyfarth für Alison & Peter Klein Stiftung

Eigentlich ist Sabrina Jung eine Surrealistin. Zumindest folgt sie dem Rat André Bretons an seine Künstlerkolleg*innen,
das Material und die Inspiration für ihre Kunst auf dem Flohmarkt zu suchen. Dieser heißt inzwischen meistens ebay,
aber wie einst die Surrealisten sucht und findet die Künstlerin hier Relikte vergangener Epochen, die sie in überraschende
neue Zusammenhänge stellt, beispielsweise Fotografien, die zwischen den 1920er und 1960er Jahren in Porträtstudios
entstanden sind. Für die Aufnahme haben sich Frauen stets zurecht gemacht und sich dann ablichten lassen, wie es
offenbar den jeweiligen damaligen Schönheitsidealen entsprach. Schönheitsideale wandeln sich, was Sabrina Jung
auf ebenso einfache wie überzeugende Weise in der Serie Schöne Frauen deutlich macht. Wir sehen nicht mehr die
ursprünglichen Gesichter, sondern andere, aus zeitgenössischen Modemagazinen ausgeschnittene, die auf die digital
vergrößerten Studiofotos so collagiert sind, dass die vergrößerten Gesichter aus den Magazinen diese überlagern.
Es sieht nun fast so aus, als würden die Frauen Masken tragen.
Masken suggerieren, dass sich hinter ihnen ein „wahres“ Gesicht verbirgt, aber Gesichtern, die Schönheitsidealen
entsprechen, haftet oft selbst etwas Maskenhaftes an. So wissen wir nicht, ob die von Sabrina Jung als androgyn oder
maskulin empfundenen Gesichtszüge auf den Fotostudiobildern, die sie für die Serie WoMen ausgewählt hat, zur Zeit
der Aufnahme auch so empfunden wurden und ob sich Rückschlüsse beispielsweise auf die Geschlechtsidentität der
Porträtierten ziehen lassen. Die Künstlerin hat diese Bilder mit Eiweißlasurfarben so übermalt hat, dass Assoziationen
an queeres Schminken etwa bei Drag Queens geweckt werden. Mit dem heutigen Bewusstsein für Nuancen zwischen
den Kategorien männlich-weiblich sind wir geneigt, Vermutungen über nicht auslebbare Neigungen dieser Personen
anzustellen. (...)

 


Installation View, faces traces, Galerie Gisela Clement, Bonn, 2020, Sabrina Jung, Ulrike Rosenbach, Foto: Mareike Tocha


Installation View, The female Gaze, Haus am Lützowplatz, Berlin, 2018, Foto: ©Boris Krajl





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